Anne Marie Anders tochter

Die Skulptur auf dem Sankt-Hans-Platz

Vor der Sankt-Hans-Kirche steht eine berührende Skulptur, die H. C. Andersens Mutter, Anne Marie Andersdatter, darstellt – auf dem Weg zur Kirche mit ihrem neugeborenen Sohn. Der kleine Junge, H. C. Andersen, sollte in der Kirche vorgestellt werden, nachdem er zu Hause getauft worden war – ein Brauch, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts weit verbreitet war.

Das Vorstellungsritual ähnelt der Taufe sehr, jedoch ohne dass die Taufe wiederholt wird. Die Skulptur zeigt damit einen Moment, in dem Mutter und Kind symbolisch sowohl in die Kirche als auch ins Leben eintreten.

Neben Anne Marie und dem Kind stehen zwei Enten. Sie verweisen auf das Märchen „Das hässliche Entlein“, das in hohem Maße von H. C. Andersen selbst handelt – dem armen, missverstandenen Jungen, der heranwächst und seinen Platz in der Welt findet.


Über das Motiv

Anne Marie Andersdatter (1768–1833) war eine arme und abergläubische Frau, die ein hartes Leben als Waschfrau und Dienstmagd in Odense führte. Sie kämpfte mit Alkoholismus und sozialen Problemen, spielte jedoch dennoch eine entscheidende Rolle im frühen Leben ihres Sohnes.

Ihr erstes Kind, Karen Marie, brachte sie 1799 zur Welt, musste es jedoch in Pflege geben, nachdem der Vater die Familie verlassen hatte. Sechs Jahre später heiratete sie Hans Andersen, einen armen Schuhmacher, und 1805 wurde H. C. Andersen geboren.

Nach dem Tod ihres Mannes im Jahr 1816 wurde das Leben für Anne Marie noch schwieriger. Sie verbrachte ihre letzten Jahre im Armenhaus Doctors Boder in Odense und starb dort 1833 – ein Leben geprägt von Mühsal, Verlust und Abhängigkeit. Ihr Sohn unterstützte sie finanziell, beschrieb sie später jedoch ehrlich und schmerzlich in seiner Erzählung „Sie taugte nichts.“


Eine Mutter und ein Sohn

Obwohl Anne Marie Andersdatter ein schweres Leben führte, hinterließ sie tiefe Spuren in der Seele und im Schaffen ihres Sohnes. H. C. Andersen erwähnt sie an mehreren Stellen in seinen Erinnerungen, und ihr Leben und Schicksal haben vermutlich Figuren wie das Mädchen mit den Schwefelhölzern inspiriert – und natürlich das hässliche Entlein, das von Größerem träumt.

Die Skulptur vor der Sankt-Hans-Kirche erinnert uns an den menschlichen Ursprung eines der größten Geschichtenerzähler der Welt – und an die Mutter, die ihn zur Vorstellung in die Kirche trug.


Über den Künstler

Die Skulptur wurde 2025 von Balder Mo Schiøtte geschaffen. Das Werk ist speziell für den Sankt-Hans-Platz aus einem alten, abgestorbenen Baum gefertigt. Der Künstler wollte das Menschliche und Verletzliche in der Geschichte von H. C. Andersens Mutter zum Ausdruck bringen – und zugleich eine Verbindung zwischen der Geschichte der Stadt und dem Raum der Kirche schaffen.